Beziehung und Bildung

Die Pädagog*in als Vermittlerin von Bildung

Die Idee der Pädagogik ist es, dem was in der Person angelegt ist, eine Art Form zu geben, um Autonomie und selbstständige Lebensgestaltung in sozialer Verbundenheit zu ermöglichen.

Diese „Form“ ist der individuelle Ausdruck des Kindes, es ist seine Art und Weise in der Welt zu handeln, mit anderen zu interagieren und zu wachsen.

Sie beinhaltet das Ergebnis aller erzieherischen Bemühungen. In ihr zeigt sich nicht nur, was gelehrt wurde, sondern vor allem „wie“.

Wissen kann nicht verabreicht oder erzwungen werden, es kann nur die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, dass Erkenntnis im Kind gelingt. Die Person des Kindes, sein Wesen anzuerkennen und damit seine Würde, seine Einmaligkeit und Einzigartigkeit ist die Grundlage.

Davon handelt dieser Text:

von anregenden Lernumgebungen, und davon, dass dies beseelte Orte sein wollen.

Es sind geschützte Orte, im Bewusstsein angelegt, dass Bildung einen bedeutungsvollen Prozess darstellt, der auf die Biographien von Menschen Einfluss nimmt.

Befragt man Pädagoginnen warum sie Pädagogik studiert haben, bekommt man immer eine Beziehungsantwort, weniger eine Antwort, die sich auf pädagogische Fachlichkeit bezieht.

Alles Lernen ist Vermittlung, es ist unmittelbarer Kontakt und Begegnung.

Auf der Beziehungscouch findet Entwicklung statt, wird Wachstum angeregt wird.

Personelle Einsparungen in pädagogischen Einrichtungen, Erhöhung von Kinderzahlen in Gruppen, Separation von mehrsprachigen Kindern, Exklusion statt Inklusion. Jede dieser Entscheidungen wirkt auf Beziehungsqualität und damit mittelbar auf Bildungschancen der Kinder, die einmal Erwachsene sein werden.

Eine Überfüllung auf der pädagogischen Beziehungscouch führt zu Phänomenen der Verzweiflung aufgrund von Überforderung und Beengung.

Es zeigt sich mir immer wieder, dass es einerseits Herausforderungen gibt, die nach neuen Lösungen fragen und andererseits Phänomene der Überforderung.

Überforderung ist daran zu erkennen, dass das Gefühl auftritt, weder Zeit noch Handlungsspielräume zu haben, für das, was wichtig und wesentlich erscheint.

Wenn zu viel auf die Pädagog*innen einströmt, entsteht Mangel in der unmittelbaren Begegnung mit der Person des Kindes.

Einerseits ist es die Erwartung von Gesellschaft und Politik, an effektiver Förderung in einer sensiblen Lebensphase, andererseits stehen neue pädagogische Fragestellungen aufgrund von Individualisierung, Digitalisierung und Interkulturalität im Raum, die neue Handlungskonzepte in Bezug auf Inklusion, Sprachförderung, Gewaltprävention, Erziehungs und Bildungspartnerschaft, interdisziplinäre Zusammenarbeit, … brauchen.

Es ist eine Zeit des Wandels, auch für die Pädagogik.

Die Wirtschaft spricht von einer VUCA-Welt, der Mensch im Mittelpunkt der Digitalisierung. „VUCA ist ein Akronym für die englischen Begriffe volatility ‚Volatilität‘, ‚Unbeständigkeit‘, uncertainty ‚Unsicherheit‘, complexity ‚Komplexität‘ und ambiguity ‚Mehrdeutigkeit‘.“
(Wikipedia)
Und daraus leiten sich Aufforderungen an Mitarbeiter*innen ab, die heißen:

„Best practice war gestern!
Best thinking ist heute und morgen gefragt!“

Problemlösekompetenz ist also gefragt, d.h. die Fähigkeit aktiv und kreativ auf Probleme, die sich stellen, zugehen zu können.
So zeigen sich auch pädagogische Fragestellungen, sie sind komplex und immer auch mehrdeutig zu sehen. Jede Situation ist einzigartig, und es braucht kreative, individuelle Lösungen.
Gleichzeitig braucht es auch verlässliche Grundlinien für die pädagogische Praxis auf der Grundlage eines inklusiven und diversitätsbewussten Blicks.

Pädagoginnen beschreiben ihre Sorge, dass etwas „Verloren gehe“:
Zeit für das Kind, Zeit für Beziehungspflege, für Kontakt, für zweckfreies Spiel.
Zeit, es in seinem Lerninteresse zu erkennen und zu verstehen. Das Kind braucht dieses Verstehen, die Wahrnehmung seiner Person. Es braucht Entwicklungsbegleiterinnen, die in der Lage sind zu erkennen worauf das Kind in seinem Entwicklungsprozess ausgerichtet ist, welche Lernaufgaben es sich stellt und diese zu beantworten. Erziehung und Bildung kann nur verwirklicht werden, wenn Fachkräfte Zeit für die Begegnung mit dem Kind haben.
Zeit, damit es sich entfalten kann in seiner sozialen Verbundenheit.
Zeit, Gemeinsamkeit und Unterschiedlichkeit mit anderen zu entdecken und zu gestalten.

Entscheidend dafür ist der Fachkraft-Kind-Schlüssel. Der Berufsverband ÖDHK fordert seit Jahren ein Verhältnis von einer Pädagogin zu drei Kleinkindern, bei Kindergartenkindern eins zu acht.

86 000 Kinder erleben jeden Tag in Wiener Kindergärten und Krippen Begleitung ihrer Entwicklung, Unterstützung ihrer Interessen, Anregung für die Entfaltung ihres Potentials.

Ihre Eltern vertrauen darauf, dass sie dort gut, sicher und liebevoll aufgehoben sind.

Nicht nur das Lebenskonzept der Familie ist davon abhängig, sondern auch ihre Lebenszufriedenheit. Denn ist das Kind in der Einrichtung unglücklich, sind es seine Eltern auch.

Die Pädagog*in und ihre Arbeitszufriedenheit ist mit ausschlaggebend für die
Bildungschancen der Kinder.

Bildung ist eine große Sache, der Umgang mit unseren Kindern als sich lernend Entwickelnden ein Gradmesser dafür, ob wir als einbindende Kultur uns der nächsten Generation würdig erweisen.

Ich fordere Solidarität mit Kindern und ihren pädagogischen Fachkräften.